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Die Arbeit geht von der Beobachtung aus, da dem Zeichenkomplex der antiken Mysterien und seiner Adaption in einer Mysterientradition eine fur die Selbstdeutung der fruhromantischen Generation zentrale Rolle zukommt. Die romantische Mysterienmetaphorik dient zur Konturierung eines nicht mythologisch-allgemeinen, sondern exklusiven 'Wissens', das nur in besonderen asthetischen Redeweisen sagbar ist. Relevant wird die entsprechende Form der Identitatsbestimmung dort, wo rezeptionsgeschichtliche Enttauschungen, der Einbruch der Revolutionskriege in Deutschland und generelle Einsichten in die Partikularisierung des modernen Wissens und der Gesellschaft zu einer Erschutterung der fruhen universalistischen Emphase fuhren. Die untersuchten kunsttheoretischen Schriften und Dichtungen von Schelling, Schlegel, Schleiermacher, Novalis, Loeben und Eichendorff reflektieren die Einsicht in die eigene Minoritat und deuten sie in Formen, die fur die gesamte moderne Kunst wegweisend sind (Avantgardestilisierung; Asthetizismus; Anschlu der Kunst an positive gesellschaftliche Groen wie Staat, Kirche). Um der konnotativen Fulle der romantischen Schriften gerecht zu werden, setzt die Arbeit in der Antike ein und analysiert dort Schriften Platons, der Neuplatoniker und christlicher Denker, die das Sprachfeld Mysterien als Symbolkomplex erschlossen haben. Anschlieend werden die unmittelbaren Voraussetzungen der Romantik betrachtet: Denn schon in der Spataufklarung - und hier wird ausfuhrlich auf das Werk Wielands eingegangen - kommt es zur Reflexion der problematischen Identitat als Intellektueller in der Moderne, geraten die Idee einer moglichen Einheit der Gesellschaft und der universalistische Wahrheitsbegriff ins Wanken. Die Arbeit ist ideen- und sozialgeschichtlich ausgerichtet. Sie nimmt Bezug auf die (oft apologetischen) Forschungen zu einer Neuen Mythologie in der Romantik, thematisiert Probleme einer autonom werdenden Kunst und ist auch als Beitrag zu einer Geschichte der Intellektuellen in der Moderne lesbar.
Im spaten 19. und fruhen 20. Jahrhundert verlieren traditionelle Identitatsgaranten an Bedeutung. Dabei kann es sich um eine religios begrundete Weltdeutung handeln, die noch nicht dem Erkenntniszweifel unterlag (Bertolt Brecht); um eine soziale Position, die es erlaubte, die Differenzierung der Gesellschaft zu uberblenden (Gottfried Benn); um einen Raum, in dem noch eine zyklische, naturliche Zeitordnung galt (Stefan George). Nach dem Verlust dieser Sicherheiten reflektieren die Autoren die Bedingungen moderner Individualitat: Sie beschreiben ein freigesetztes Ich, das in einer heterogenen Umwelt mit verschiedenem Ideengut lebt und sich immer weniger als Sonderfall einer allgemeinen Substanz ansehen kann. Zunehmend mu es seine Identitat selbst formulieren, und die daraus hervorgehende Bewegung ist einerseits asthetisch fruchtbar, bringt neue Formen des Sprechens hervor. Gleichzeitig suchen die Autoren aber nach Auengroen, die dem Ich einen ubersubjektiven Halt geben. In diese Position einer neuen Notwendigkeit konnen eine lebensphilosophisch gedeutete Natur oder eine kunstreligios verstandene Literatur gebracht werden. Es gibt aber in diesem Zusammenhang auch Annaherungen an die totalitaren politischen Bewegungen, die in der Lage zu sein scheinen, das Verlangen nach einer Uberwindung der modernen Perspektivenvielfalt, nach einer mythologischen Reintegration der Gesellschaft zu befriedigen.
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