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In der fruhneuzeitlichen Gelehrtenkultur herrschte ein groes Bewusstsein fur die Funktion bestimmter Textsorten und ihrer genuinen, zweckgebundenen Verwendungsweise, die sich nicht zuletzt auch an rhetorischen Traditionen orientierte. Das trifft auch auf den Bereich der Verteidigungsschriften, hier vornehmlich der Apologie und der Vindicatio, zu. Beide stehen im Bezugsrahmen gelehrter Streitigkeiten, die in jungster Zeit vermehrt in den Blick genommen wurden. Allein dominierten bisher Fragestellungen, die sich in erster Linie an Inhalten orientierten. Die Formen und je eigenen Textsorten gelehrten Streitens kamen bisher nicht genauer in den Blick. Die hier zusammengetragenen Analysen nehmen das rhetorische Erbe und die Sensibilitat der Gelehrten der Epoche der Fruhen Neuzeit fur die Verwendung bestimmter Schreibweisen zu ihrem Ausgangspunkt, um agonale Positionsbestimmungen im gelehrten Diskurs in ihren Kontexten verstandlich zu machen. Die hier versammelten Beitrage aus Philosophie, Philologie, Theologie und Geschichte zeigen erstmals, dass Verteidigungsschriften in den seltensten Fallen rein defensiv waren, vielmehr eignete ihnen ein ebenso offensives, mitunter gar aggressives Moment.
die Untersuchung nimmt ihren Ausgang bei einigen religionsphilosophischen Schriften des jungen Gotthold Ephraim Lessing, den sogenannten Rettungen von 1754. Diese Texte sind der Gruppe der in der Fruhen Neuzeit auerst erfolgreichen gelehrten literarischen Polemik zuzurechnen, die gemessen an ihrer Bedeutung und ihrem Einfluss - auch fur die Poesie der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts - bislang von der Forschung kaum zur Kenntnis genommen wurden. Durch die Rekonstruktion einer Gattungstradition wird ein fur die Rettungen und Apologien im Allgemeinen und zusatzlich fur Lessing im Speziellen typisch werdender Denkstil' freigelegt, der sich aus der Tradition erklaren lasst, sich aber nicht in ihr erschopft.In einer den geistesgeschichtlichen Kontext und die ideengeschichtlichen Voraussetzungen berucksichtigenden Kommentierung der Lessingschen Fruhschriften gelingt es, einen Modus der Aneignung gelehrten Wissens herauszuarbeiten, der sich den nur scheinbar uberkommenen Techniken gelehrt-humanistischer Barockliteratur verdankt. Was in der Arbeit am Beispiel Lessings, der gelehrte Auseinandersetzung und literarische Produktion anschaulich in einer Person vereint, demonstriert wurde, darf Anspruch auf Verallgemeinerung uber weite Strecken des 18. Jahrhunderts erheben.
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