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Recht haben und Recht bekommen sind auch im Verwaltungsrecht zwei sehr unterschiedliche Dinge. Anders als im Zivilprozess kann die praktische Beweisbarkeit von Ansprüchen nicht in den Bereich der Parteienverantwortung geschoben werden. Denn der gesetzlich geregelte Untersuchungsgrundsatz verpflichtet dem Grunde nach die verfahrensführende Behörde bzw. das erkennende Gericht dazu, den Tatsachenstoff eines Verfahrens zu ermitteln. Pia Wirtz untersucht die Folgen der Unaufklärbarkeit von Tatsachen in verwaltungsrechtlichen Verfahren. Zugleich beschäftigt sie sich mit der Verteilung der Verantwortung für die Beibringung des Tatsachenstoffes unter dem Untersuchungsgrundsatz und implementiert unter Berücksichtigung aktueller tatsächlicher Entwicklungen im Beweislastsystem den Begriff der "formellen Mitwirkungslast".
Das Oxford-Movement stellte eine der einflussreichsten Reformbewegungen in der Geschichte der Kirche von England dar. Angesichts der gesellschaftlichen Transformationen zu Beginn des Viktorianischen Zeitalters hob die Bewegung dazu an, das Wesen der englischen Kirche neu zu beschreiben. Die Vertreter der Bewegung waren davon überzeugt, es gelte, die vermeintlich katholischen Wurzeln der Church of England neu zu betonen. Sie erhoben daher in ihrem kirchenpolitischen Wirken eine Reihe historischer Traditionen - nicht zuletzt das Erbe der Kirchenväter - zu ekklesiologischen Normgrößen, von denen sie eine Erneuerung ihrer Kirche erhofften. Christian Koch untersucht das Schrifttum der Bewegung und macht sichtbar, wie darin kirchliche Reformvorstellungen und historiographisches Denken ineinandergreifen. Er beleuchtet exemplarisch die Bedeutung von historischen Narrativen für die diskursive Konstruktion konfessioneller Identität.
Thea Schlütermann analysiert die demokratischen Entwicklungen des französischen und deutschen Verfassungssystems. Anhand aktueller Bezugspunkte untersucht sie Grundfragen demokratischer Legitimation und Repräsentation, Schwächen des Konzepts der repräsentativen Demokratie sowie Ergänzungsmöglichkeiten dieses Systems insbesondere durch losbasierte, deliberative Elemente und eine stärkere Bürgerrolle. Die rechtliche Analyse untermauert sie durch politikwissenschaftliche Ansätze und soziologische Erkenntnisse. Dadurch spiegelt die Untersuchung die verfassungsrechtlichen und -kulturellen Besonderheiten beider Länder und bereitet sie so auf, dass sie als Inspirationsquellen für den jeweils nationalen als auch deutsch-französischen Verfassungsdiskurs zu demokratischen Ergänzungen dienen können.
Die globalen Finanzmärkte gewinnen mit Blick auf Umwelt- und Klimaschutzziele stetig an Bedeutung. Ohne eine Mobilisierung und Umlenkung privaten Kapitals sind diese nicht mehr zu erreichen. Weltweit werden Regelungen zur nachhaltigen Transformation der Finanzmärkte als Schrittmacher auch einer nachhaltigeren Realwirtschaft geschaffen. Dieser zunehmenden Begegnung und Verschränkung von Umweltrecht und Finanzmarktrecht widmet sich Philipp Kleiner. Er untersucht ihre völkerrechtlichen Grundlagen, die sich etwa im Pariser Übereinkommen finden, ebenso wie die maßgeblichen europäischen Rechtsakte, wozu die Taxonomie- und Offenlegungs-Verordnung sowie der Entwurf eines EU Green Bond Standards zählen. In ihnen erkennt er die Ausprägung eines neuen Teilrechtsgebiets: des Umweltfinanzmarktrechts. Eine rechtsvergleichende Perspektive ermöglicht zudem einen Blick auf den Stand nachhaltiger Finanzmarktregulierung weltweit.
Als "inneres System" bilden die übergreifenden Prinzipien und Grundsätze einer Rechtsordnung nach traditionellem deutschen Verständnis ein tragendes Element der Dogmatisierung des positiven Rechtsstoffs. Zugleich bringen sie die spezifische Gerechtigkeitsvorstellung, die sich in der Rechtsordnung verwirklicht wissen will, und damit deren Grundlage und ultimativen Fluchtpunkt zum Ausdruck. Ob sich inzwischen - zumal unter dem Eindruck der fortlaufenden Globalisierung - auch auf unionseuropäischer Ebene eine das Unionsrecht überwölbende Gerechtigkeitsvorstellung herausgebildet hat (oder zumindest herauszubilden beginnt), ist eine Frage, deren Beantwortung von zentraler Bedeutung für die Bewältigung aktueller und künftiger unionsrechtlicher Problemstellungen sein dürfte. Den hierin begründeten Untersuchungsauftrag nimmt Moritz Reichenbach zum Anlass, das Privatrecht der Europäischen Union auf Anhaltspunkte für eine solche unionseuropäische Gerechtigkeitsvorstellung zu durchleuchten.
Wie sind Betrieb (§ 1 I 1 BetrVG) und Betriebsteil (§ 4 I 1 BetrVG) unter Berücksichtigung der veränderten Arbeitswelt de lege lata auszulegen? Wie lässt sich das Konzept der betriebsratsfähigen Einheit in der Ära der Digitalisierung de lege ferenda weiterentwickeln? Tobias Vogt hinterfragt die grundlegenden Ziele betriebsratsfähiger Einheiten und zeigt Konflikte mit Art. 2 lit. b) RL 2002/14/EG bei ausschließlich ausländischer Steuerung auf. Zudem analysiert er die aktuellen Reformvorschläge erstmals umfassend und untersucht, ob und wie ein Rechtstransfer der community of interest aus dem Kollektivarbeitsrecht der USA ein Gewinn für das BetrVG sein kann. Der Autor demonstriert, wie sehr Betrieb und Betriebsteil verzahnt und weiter verzahnbar sind. Sie bilden letztendlich ein zweiteiliges Puzzle. Die Arbeit wurde mit dem Dissertationspreis des Hamburger Vereins für Arbeitsrecht 2023 ausgezeichnet.
Die seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahre 1949 erfolgte Internationalisierung sämtlicher Lebensbereiche führt dazu, dass sich in Deutschland vermehrt ausländische juristische Personen betätigen. Inwieweit sie sich dabei auf den Schutz der Grundrechte berufen können, untersucht Hendrik Philip Ehlers de lege lata sowie de lege ferenda. Ausgehend von einer allgemeinen dogmatischen Herleitung der Grundrechtsberechtigung juristischer Personen sowie einer kritischen Beleuchtung des Inländervorbehalts des Art. 19 Abs. 3 GG entwickelt er einen Neuansatz zur Bestimmung der Inlandszugehörigkeit juristischer Personen, nimmt eine differenzierte Betrachtung des Grundrechtskatalogs vor und widmet sich den Besonderheiten einer fremdstaatlichen Beherrschung. Der Autor stellt zahlreiche Bezüge zum einfachen Recht her und berücksichtigt insbesondere den Einfluss des Unions- und Völkerrechts.
In Europa ist man sich einig: Das anwendbare Sachenrecht folgt der Belegenheit der Sache (lex rei sitae). Infolge dieser vermeintlichen Einigkeit sind die Vereinheitlichungsbemühungen der EU trotz der Bedeutung des internationalen Sachenrechts für den Binnenmarkt zurückhaltend. Befragt man aber die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen, was unter "Sachenrecht" oder einer "Sache" zu verstehen ist, bleibt vom Gesamtbild einer faktisch harmonisierten Anknüpfungsregel wenig übrig. Vor diesem Hintergrund lenkt Joseph Rumstadt den kollisionsrechtlichen Blick weg von den Objekten des Sachenrechts hin zu einem einheitlichen Mechanismus dinglicher Güterzuordnung. Er entwickelt daraus einen übergreifenden, im europäischen Recht verankerten Anwendungsbereich für ein internationales "Sachenrecht" für alle Vermögensgegenstände, den er rechtsvergleichend erprobt, von anderen Systembegriffen des europäischen IPR abgrenzt und schließlich in konkrete Normtextvorschläge gießt.
In dieser Studie widmet sich Ken Heuring der zweiten Philippika Ciceros, einer leidenschaftlichen Schmährede gegen Marcus Antonius. Er war für kurze Zeit Nachfolger Julius Caesars, nachdem er 44 v. Chr. von Republikanern ermordet worden war. Als wichtige Gattung der antiken Rhetorik zeichnet sich die Invektive durch einen hohen Grad an Emotionalität aus: Die antike Rhetorik verstand Schimpfwörter, Übertreibungen, pathetische Ausrufe und diverse andere rhetorische Techniken als Mittel, um die Gefühle der Zuhörer im Sinne des Redners zu erregen. In seiner zweiten Philippika wendet Cicero das Wort als Waffe gegen seinen Gegner Marcus Antonius. Um der emotionsleitenden Tiefenstruktur der Rede auf die Spur zu kommen, führt Ken Heuring zunächst in die Grundbegriffe der Emotionslinguistik anhand vielfältiger Beispiele ein. Anschließend analysiert er die zahlreichen emotionalen Codes in Ciceros Meisterwerk. Diese Studie ergänzt und vertieft damit die klassische Analyse um eine elementare Kategorie.
In ihren Festreden anlässlich der Verleihung des Dr. Leopold Lucas-Preises des Jahres 2020 stellen Adam B. Seligman und Linda Woodhead ihre unterschiedlichen Ansätze zum Zusammenhang von Religion und Gesellschaft prägnant und anschaulich dar. Seligman zeichnet aus sozialpsychologischer Perspektive nach, wie das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe konstruiert und erlernt wird. Da gesellschaftlich geformte Kategorien die Selbst- und Weltwahrnehmung prägen, fordert die Begegnung mit Angehörigen anderer Gruppen immer auch die eigene Selbstwahrnehmung heraus und kann Unbehagen auslösen. Er problematisiert verschiedene gängige Strategien, dieses durch Differenzerfahrung ausgelöste Unbehagen aufzulösen und plädiert schließlich dafür, dass Angehörige verschiedener Religionsgemeinschaften in einer religiös pluralistischen Gesellschaft dazu bereit sein müssen, dieses Unbehagen auszuhalten und sich eines Urteils über die Weltsicht der anderen zu enthalten. Linda Woodhead befasst sich in ihrer Rede mit dem Bedeutungsverlust christlicher Religion in den liberalen Demokratien des Westens. Dieser Bedeutungsverlust ist nach ihren soziologischen Forschungen nicht gleichzusetzen mit einem Ende der Religion, vielmehr übernehmen moralische Werte Funktionen der Religion. Diese Religion der Werte zeichnet sich durch einen Fokus auf Selbstverwirklichung aus, während altruistische Wertvorstellungen parallel zum Christentum an Bedeutung verlieren. Die historischen Wurzeln für diese Entwicklung sieht Woodhead in einer zunehmenden Moralisierung des Christentums, die Religion stark oder ausschließlich über Werte definiert. In der Folge absorbieren Wertüberzeugungen Funktionen der Religion, prägen das Identitätsgefühl und Wahrnehmungen der Zusammengehörigkeit und Differenz. Dagegen können viele spirituelle Bedürfnisse weder von den moralisierten Religionen noch von der neuen Wertereligion erfüllt werden. Dadurch lässt sich das (Wieder-)Auftauchen vieler spiritueller und magischer Praktiken erklären.
Die Erzählung von der "Bindung Isaaks" zählt zu den anstößigsten Texten des Alten Testaments: Wie kann Gott den einzigen Sohn fordern und wie Abraham darauf eingehen? Jonathan Rodrian nimmt eine detaillierte, narratologisch fundierte Neulesung des von hoher Erzählkunst geprägten Textes vor. Trotz des kargen Erzählstils zeigen sich Spuren, dass Gott retten wird und Abraham genau darauf hofft. Über Stichwortbezüge und narratologische Gemeinsamkeiten kommt sodann zunächst der nähere, dann der weitere Kontext in den Blick: Der Großteil der Abrahamerzählungen und deren Aussagen über Gott ist in der Erzählung mitzudenken. Für den Textbereich Gen 20-22 erschließt sich daher am ehesten eine nachpriesterliche Einschreibung als zusammenhängender Block, der als Ziel der mit Gen 12,1ff beginnenden Abrahamerzählungen das Vertrauen herausstellt: Auf Gottes Verheißung lässt sich auch dann noch vertrauen, wenn er selbst sie zu falsifizieren scheint.
Ausbildung und Aufrechterhaltung einer Tradition geschehen oft in Auseinandersetzung mit geistigen Vorgängern. Ein solcher kreativer Umgang kann einerseits affirmativ-weiterentwickelnd erfolgen, andererseits in kritischer Distanz oder sogar negierend. Im vorliegenden Band werden exemplarische Studien zum Spannungsfeld von 'Nachfolge' und 'Widerspruch' (akolouthesis und enantiosis) versammelt, auf dem sich derartige Prozesse abspielen. In drei Fallgruppen werden der Umgang mit Vorgängerfiguren bei Literaten, Politikern und Juristen der römischen Republik und Kaiserzeit, Nachfolgemodelle im antiken Christentum und textliche Muster und ihre Ausgestaltung in Mittelalter, Humanismus und Aufklärung untersucht; der Band schließt mit einem Ausblick auf eine poetische Form von Nachfolge im 20. Jahrhundert.
Ist das Patentrecht wirklich "wertneutral" oder gar "ethisch blind"? Die Praxis des Patentrechts wird von einem ungebrochenen Fortschrittsoptimismus getragen. Das hohe Maß an Technik- und Innovationsgläubigkeit lässt traditionell wenig Raum für eine tiefergehende Reflexion außerrechtlicher Wirkdimensionen des Patentsystems. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Innovationsförderung ohne ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Innovationsverantwortung überhaupt ein sinnvolles Ziel sein kann. Ein so facettenreiches Forschungsthema wie "Human Enhancements" eignet sich hervorragend dazu, um die Funktionen und Wirkungen des Patentschutzes zu veranschaulichen. An die Stelle eines allgemeinen Verweises auf "ethisch umstrittene Forschungsfelder" treten konkrete Beispiele. Die gewonnenen Erkenntnisse können wiederum in den interdisziplinären Gesamtdiskurs einfließen, der die biotechnische Selbstgestaltung des Menschen als Teil und Folge der modernen Gesellschaft und ihrer Charakteristika betrachtet. Die Arbeit wurde mit dem Innovationspreis 2023 der Humboldt-Universität zu Berlin und als beste Dissertation im Zivilrecht mit dem Promotionspreis 2023 der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ausgezeichnet.
Jahrelang stritten Politik und Gesellschaft darüber, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei oder nicht. Das hinterließ bisweilen den Eindruck, dass alle weiteren Debatten sich erübrigten, wenn die Frage mit einem beherzten "Ja" beantwortet wird. Das wäre ein Missverständnis. Das Bekenntnis zum Einwanderungsland gibt nicht vor, wie das Migrationsrecht und die Integrationspolitik inhaltlich auszugestalten sind. In dem vorliegenden Band erkunden 15 Beiträge von führenden Expertinnen und Experten aus der Rechtswissenschaft die vielfältigen Gestaltungsoptionen, wie der Gebietszugang geregelt werden kann und die Mitgliedschaft aussehen soll. Anstelle eines beschreibenden Überblicks im Sinn eines Handbuchs betonen die Texte pointiert zentrale Weichenstellungen und verbinden rechtliche Details mit theoretischen und interdisziplinären Einsichten.
Das normierte Kaufrecht ist für die Unternehmenskaufpraxis weitgehend irrelevant. Stattdessen hat sie eigene, umfangreiche und in sich weitestgehend geschlossene Verträge entwickelt. Diese Vertragswerke sind wissenschaftlich unterbelichtet; selbst Kennern gilt die Unternehmenskaufpraxis als "Geheimwissenschaft". Die Untersuchung will das gelebte Unternehmenskaufrecht wieder stärker in den rechtswissenschaftlichen Diskurs integrieren und zeigt, dass Unternehmenskaufverträge ein äußerst reizvoller Untersuchungsgegenstand sind: Wie erfüllt das Privatrecht seine Unterstützungsfunktion bei Verträgen, die sich bewusst von Teilen des dispositiven Rechts abwenden? Welche Grenzen setzt das Bürgerliche Recht dem Gestaltungswillen der Kautelarpraxis, obschon viele Begründungsmuster für zwingende Vorschriften auf Unternehmenskaufverträge nicht passen? Und welchen (mittelbaren) Einfluss übt das Gesellschaftsrecht auf die Transaktionspraxis aus? Die Arbeit sucht Antworten auf diese grundsätzlichen Fragen und leistet damit einen Beitrag zu einer besseren wissenschaftlichen Erfassung der Kautelarpraxis insgesamt.
Heimliche Grundrechtseingriffe stehen in einem Widerstreit mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Begrenzung von Macht durch Kontrolle. Diesen Konflikt löst die jüngere Sicherheitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit der Entwicklung alternativer Kontrollstrukturen, so auch im Urteil zur Ausland-Fernmeldeüberwachung vom 19. Mai 2020. Das wirft die Frage auf, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an die rechtsstaatliche Kontrolle heimlicher Grundrechtseingriffe zu stellen sind und welche verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkte hierfür bestehen. Frederike Alt entwirft Grundzüge einer Kontrolldogmatik, indem sie die jüngsten Entwicklungen nachzeichnet und die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts systematisiert. Sie schließt mit einer eigenständigen verfassungsrechtlichen Herleitungsmethode für kompensatorische Kontrollen und bestimmt den legislativen Handlungsbedarf für heimliche Eingriffsbefugnisse von Sicherheitsbehörden.
Staaten versuchen seit jeher, ihre Interessen durch nationales Recht auch außerhalb des eigenen Staatsgebiets durchzusetzen. Blocking Statutes wiederum werden eingesetzt, um die Wirkungen solcher extraterritorialen Jurisdiktion auf dem eigenen Staatsgebiet möglichst gering zu halten. Parallel zu einem vermehrten Erlass extraterritorial geltenden Rechts entwickeln sich auch Blocking Statutes zu einem immer beliebteren rechtlichen und politischen Instrument. Angesichts dieser steigenden Relevanz untersucht Marcel Gernert rechtsvergleichend Wirkungen und Folgen von Blocking Statutes und unternimmt eine Bewertung dahingehend, ob diese Gesetze ihre Ziele erreichen können oder über Symbolik nicht hinausgehen. Neben alternativen Reaktionsmöglichkeiten nimmt er auch die negativen Auswirkungen und Konfliktsituationen für die privaten Adressaten solcher Gesetze in den Blick und bezieht sie in die Gesamtbewertung ein.
Mit der Globalisierung und dem immer stärker zusammenwachsenden Wirtschafts- und Rechtsraum in der Europäischen Union steigt auch die Gefahr von Parallelverfahren bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten. Gabriel Lipps untersucht die Regelungen der Brüssel Ia-VO zur Reaktion auf dieses Phänomen. Dabei geht er insbesondere auf die Problematik der Torpedoklagen ein und setzt einen Schwerpunkt bei der Regelung des Art. 31 Abs. 2-4 Brüssel Ia-VO. Diese tritt neben das grundlegende Prioritätsprinzip und legt den Vorrang des über eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung bestimmten Gerichtsstandes fest. Er leuchtet Möglichkeiten aus, diese Regelung de lege lata im Wege der Analogie auszuweiten und de lege ferenda durch Einführung eines Individualrechtsbehelfs zum Europäischen Gerichtshof zu ergänzen.
In der juristischen Literatur wird der Begriff der "Pfadabhängigkeit" zumeist metaphorisch verwendet. Anders ist dies in den benachbarten Gesellschaftswissenschaften, wo das gleichnamige Konzept der Erklärung insbesondere institutioneller Entwicklungsprozesse dient. Nico Schröter geht der Frage nach, ob und wie eine Rezeption dieses Konzepts auch für die Rechtswissenschaft erkenntnisversprechend ist. Dabei kann eine (informierte) Rezeption insbesondere dazu dienen, informelle Strukturbildungsprozesse im Recht besser zu verstehen. So bietet Pfadabhängigkeit eine plausible Erklärung für die relative Stabilität judikativer Entscheidungsstandards und rechtsdogmatischer Sätze sowie - in Ansätzen - auch dafür, inwieweit diese einem Wandel unterliegen. Die Rezeption des Pfadabhängigkeitskonzepts liefert daher eine Antwort auf bestehende Theoriedefizite bei der Erklärung rechtlicher Phänomene.
Statistische Daten sind eine unentbehrliche Grundlage politischer Entscheidungen. Der amtlichen Statistik kommt die Aufgabe zu, laufend Informationen über die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zusammenhänge zu erheben, aufzubereiten und zu analysieren. Das Datenschutzrecht setzt dieser Informationsvorsorge rechtsstaatliche Grenzen. Thomas Kienle untersucht, welche unionsrechtlichen Vorgaben bestehen und welchen Spielraum der mitgliedstaatliche Gesetzgeber hat. Der Fokus liegt auf dem sog. Statistikprivileg der Datenschutz-Grundverordnung und den geeigneten Garantien, die der Verantwortliche zum Schutz der Rechte und Freiheiten betroffener Personen vorsehen muss. Herausforderungen ergeben sich insbesondere bei der Integration neuer digitaler Daten durch moderne Erhebungskonzepte, die unter dem Schlagwort Trusted Smart Statistics gegenwärtig diskutiert und erprobt werden.
Inwieweit schützen Grundrechte die Bürger gegenüber privaten digitalen Plattformen? Welchen Schutz entfaltet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen wie Google oder Amazon? Sichert die Verfassung einen Zugang zu Leistungen aus dem Bereich der privaten Daseinsvorsorge? Lars C. Kroemer stellt die Frage der grundrechtlichen Drittwirkung anhand des klassischen Paradigmas, das die Unterscheidung zwischen Grundrechtsverpflichtung und Grundrechtsberechtigung anhand einer Trennlinie zwischen den Ebenen Staat und Gesellschaft verortet. Diese Lesart der grundrechtlichen Rollenverteilung untersucht er kritisch im Hinblick auf ihre normative Verankerung, ihre Wandlungsfähigkeit und ihre Auswirkungen auf die Drittwirkungsdiskurse der aktuellen Zeit.
Die französische Rechtsgeschichte ist in Deutschland noch immer zu wenig bekannt: Die Erfindung der Gewaltentrennung wird Montesquieu zugeschrieben, nicht Claude de Seyssel, der dies aufgrund der Abnabelung der französischen Kirche von Rom um 1515 erstmals vertrat. Der Beginn der Diskussionen zur Verfassung und von Grundrechten liegt nicht im 18. Jahrhundert, sondern bei Jean Calvin bzw. dem Schock nach dem Bartholomäusnacht-Massaker. Ziel war der Erhalt des Königreichs unter einem Monarchen, der den verschiedenen Religionen als Rechtsgemeinschaften ebenso wie den Bürgern durch Recht gesicherte Möglichkeiten eines sicheren Lebens in Religionsvielfalt versprach. Mathias Schmoeckel analysiert das Vordringen der Reformation in der Rechtsordnung und Jurisprudenz, analysiert den Begriff "mos gallicus", und beschreibt dann die Veränderungen des französischen Rechts in Bezug auf die Methoden und Quellen der Rechtswissenschaftler sowie die Auswirkungen auf die Religions- und Staatsordnung sowie ausgewählte Fragen des Zivil- und Strafrechts. Er zeigt, dass das "goldene Zeitalter" der französischen Jurisprudenz durch Guilleaume Farel und Calvin im Sinne einer "Reformation des Lebens" entwickelt wurde, um die herkömmliche Rechtsordnung zu überdenken und feste Rechte für Katholiken und Protestanten gleichermaßen zu gestalten. Dabei wirkten insbesondere die methodischen Anregungen des Philipp Melanchthon; die Juristen um ihn waren bekannt und wurden herangezogen, um sie weiterzuentwickeln. Die Auseinandersetzung mit dem Humanismus ging auch in Frankreich eine Verbindung mit der Reformation ein und führte zu einer neuen Wertschätzung der lokalen Rechtstraditionen. Alle Zweige der Rechtswissenschaft entwickelten neue Anregungen und bedeutende Literatur, die für die weitere juristische Entwicklung in Europa grundlegend wurden. Die insoweit fast unbekannte französische Reformation tritt hier in ihrer Bedeutung für die europäische Geistesgeschichte und Staatsentwicklung in den gleichen Rang neben die deutsche und die englische Reformation.
Digitale Diskursräume eröffnen nicht nur Partizipationschancen. Sie sind auch Forum für Desinformationskampagnen und manipulative Verhaltensweisen. Paradigmatisch für diese Ambivalenz steht das Phänomen der Social Bots. Dabei handelt es sich um automatisierte Profile in sozialen Netzwerken, die unter Vortäuschung einer menschlichen Identität am Kommunikationsprozess teilnehmen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive verdeutlichen Social Bots die normativen Konfliktlinien, die der "digitale Strukturwandel der Öffentlichkeit" mit sich bringt: Einerseits verdient auch automatisierte und anonyme Kommunikation grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit. Gleichzeitig verzerren Social Bots die öffentliche Meinungsbildung und stehen damit im Konflikt mit dem Prinzip kommunikativer Chancengleichheit. Paul Dürr entwickelt dogmatische Lösungskonzepte, um die Risiken digitaler Manipulationsformen verfassungsrechtlich abzubilden und Regulierungsinitiativen angemessen zu bewerten.
Bis heute sind Mehrpersonenverhältnisse im Schiedsverfahren mit Rechtsunsicherheit behaftet. Das deutsche Schiedsverfahrensrecht hilft hier nur wenig weiter, ist es doch in seinem subjektiven Anwendungsbereich auf einen Parteienrechtsstreit begrenzt. Daher obliegt es den Nutzern der Schiedsgerichtsbarkeit, eigene Bestimmungen zu treffen, um darüberhinausgehende Konstellationen abzubilden. Dafür muss eine bislang zu wenige beachtete Dimension in den Vordergrund gerückt werden: die verfassungsrechtliche. Sie bildet nicht nur den Grundstein für die Legitimation des deutschen Schiedsverfahrensrechts, das privatem Schiedsverfahren und Schiedsspruch verbindliche Wirkungen zuspricht, sondern erst recht für jede Erweiterung seiner Bestimmungen. Wie sich dies auf die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Abbildung von Mehrpersonenverhältnissen im Schiedsverfahren auswirkt, ist Gegenstand dieser Arbeit.
Die Auswirkungen der Insolvenz konzernverbundener Unternehmen auf das zugrundeliegende Konzernverhältnis und auf eine etwaige steuerliche Organschaft sind bis auf den heutigen Tag ungeklärt. Zur Lösung dieses Problems verfolgt Lara Schwarz einen rechtsgebietsübergreifenden Ansatz, der das Konzern-, Steuer- und Insolvenzrecht miteinander harmonisiert. Lara Schwarz zeigt auf, dass die bislang angestellten Überlegungen in der rechtsgebietsübergreifenden Gesamtschau zu widersprüchlichen Ergebnissen führen und zu einem zu späten Zeitpunkt ansetzen: Sie knüpfen für die Frage, ob ein Konzernverhältnis aufgelöst ist, an den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an. In der steuerlichen Organschaft dreht sich die Diskussion um den Zeitpunkt der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. Die Frage, ob ein Konzern weiterbetrieben werden darf und ob die Organschaft endet, stellt sich jedoch bereits im Stadium bloßer Insolvenzreife, spätestens ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht.
Sektorkopplung beschreibt die energetische Verknüpfung des Stromsektors mit dem Wärme-, Verkehr- und Industriesektor. Auch wenn Sektorkopplungstechnologien von Klimawissenschaft und Politik als Schlüssel zur Treibhausgasneutralität bezeichnet werden, so sind sie trotz zahlreicher Förderversuche gegenüber ihrer fossilen Konkurrenz (noch) nicht wettbewerbsfähig. Ihre Regulierung ist komplex und unübersichtlich im Energierecht verteilt. Anna Brinkschmidt erarbeitet Regulierungsansätze, die über die Referenztechnologien hinausgehen und die zumindest teilweise zu einer Harmonisierung des Rechtsrahmens für die Sektorkopplung führen könnten. Sie möchte einen Beitrag dazu leisten, das Spannungsfeld aufzulösen, das technologieübergreifend zwischen wettbewerbsgetriebener und staatlich geförderter Etablierung der Technologien sowie zwischen Investitionssicherheit und Anpassungsoffenheit besteht.
Der Sammelband enthält die Schriftfassung der Vorträge zur Tagung "Elektronische Aktien", die am 15. Mai 2023 in der Hessischen Landesvertretung in Berlin stattfand. Die Tagung wurde gemeinsam von der Projektgruppe "Tokenisierung und Finanzmarkt (ToFi)" des Zentrums verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI) und dem Institut für das Recht der Digitalisierung (IRDi) der Philipps-Universität Marburg anlässlich des Gesetzgebungsverfahrens zum Zukunftsfinanzierungsgesetz veranstaltet. Behandelt werden namentlich die gesetzgeberische Konzeption, der europäische und der techniksoziologische Kontext sowie das Gesellschafts-, Kapitalmarkt- und Wertpapierrecht der elektronischen Aktien.
Wieso wurde in einem so zentralen Moment der deutschen Geschichte, wie der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten 1990, das bundesdeutsche Grundgesetz nicht durch eine gesamtdeutsche Verfassung ersetzt? Zeigt sich darin das Desinteresse "der" Westdeutschen - wie neuerdings wieder vermutet wird? Welche anderen Gründe lassen sich für dieses "Nicht-Ereignis", wie es schon Mitte der 1990er genannt wurde, anführen? Diesen Fragen wird in den Beiträgen des Bandes aus ost- und westdeutscher sowie generationen- und disziplinenübergreifender Perspektive nachgegangen. Damit verbunden ist zudem die Frage, welche Geschichten wir über unsere Verfassung erzählen und was sich daraus über die deutsche Geschichte ablesen lässt.
Moses Wiepen untersucht die Auswirkungen der Digitalisierung auf die international-privatrechtliche Lokalisierung von Gesellschaften. Im Internationalen Gesellschaftsrecht betrifft dies insbesondere die Frage nach dem anwendbaren Gesellschaftsstatut. Neuere Entwicklungen, wie beispielsweise die Gründung von DAOs (Dezentrale Autonome Organisationen), lassen sich weder mit der Sitz- noch mit der Gründungstheorie bewältigen. Im ersten Hauptteil seiner Arbeit schlägt der Autor vor diesem Hintergrund eine neue unionsrechtliche Kollisionsregel für nichtregistrierte Gesellschaften vor. Im zweiten Hauptteil widmet sich der Autor den gesellschaftsexternen Verhältnissen. Der Untersuchungsschwerpunkt liegt hierbei auf der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Internetpräsenzen "Niederlassungen" im Sinne des europäischen und nationalen Rechts der Internationalen Zuständigkeit darstellen.
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